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Wie kommen die DDR-Flüchtlinge in das RÜG?
Diese Frage stand als Einleitung zum Vortrag von Prof. Dr. Dr. D. Mertens auf dem Kolloquium der IEDF im März 2012. Beantwortet konnte sie nicht werden, weil es dafür keinen parlamentarischen Vorgang gibt. Bestätigt hat dies auch der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages.
Beliebt ist bei den Regierungsparteien das Prinzip der Omnibus-Gesetzgebung, die dann gewählt wird, wenn unpopuläre Maßnahmen, die bei einer Einzelentscheidung durchfallen würden oder man Widerstand im Plenum und in der Öffentlichkeit vermeiden oder ein Gesetz vor der Opposition verstecken wolle. Nach erfolgter ersten Lesung werden kurzerhand noch Regelungen angehängt. Eine Aussprache im Plenum findet nicht mehr statt, da die Reden nur noch zu Protokoll gegeben werden. Für die Volksvertreter ist es zudem oft kaum möglich, Gesetzesvorhaben vollständig nachzuvollziehen.
Ein Beispiel dafür aus dem Protokoll zur abschließenden Beratung des RÜG im Bundestag am 21. Juni 1991: "Petra Bläss (PDS/Linke Liste): Im Klartext heißt das: Von den tatsächlichen Regelungen, die dann gelten sollen, stimmen wir heute weitgehend auf Basis des Kommentars und nicht auf Basis der ursprünglichen Gesetzesvorlage ab, denn wer konnte sich schon detailliert durch den seit gestern abend ? ich wiederhole: gestern abend ? auf dem Tisch liegenden Paragrafendschungel durchboxen??
Wenn also das Omnibus-Prinzip angewendet wurde, müsste es doch einen Hinweis im Gesetzestext geben, auf den mit dem Finger gezeigt werden könnte.
Auf die Frage an den Direktor der DRV (Bund) Dr. A. Reimann nach dem ?missing link?, dem Dokument nämlich, das Aufschluss geben könnte über einen eventuellen gesetzgeberischen Vorgang zur Rückabwicklung und Neubewertung der Rentenkonten von DDR-Altübersiedlern gemäß BfA-Rundschreiben 25/93, antwortet die Grundsatzabteilung am 24.02.2014:
Die Änderungen RÜG ? Rü-ErgG gegenübergestellt:
G4 § 259a SGB 6 - Besonderheiten bei Rentenbeginn vor 1996 - i.d.F. vom 01.01.1992 bis zur Verkündung des Rü-ErgG (1) 1Bei Beginn der Rente vor dem 1. Januar 1996 werden für Versicherte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 18. Mai 1990 oder, falls sie verstorben sind, zuletzt vor dem 19. Mai 1990 1. im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatten oder 2. im Ausland hatten und unmittelbar vor Beginn des Auslandsaufenthalts ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatten, werden für Beitragszeiten vor dem 19. Mai 1990 anstelle der nach den §§ 256a und 256b zu ermittelnden Werte Entgeltpunkte aufgrund der Anlagen 1 bis 16 zum Fremdrentengesetz ermittelt; für jeden Teilzeitraum wird der entsprechende Anteil zugrunde gelegt. (2) Absatz 1 gilt nicht für Zeiten, die von der Wirkung einer Beitragserstattung nach § 286d Abs. 2 nicht erfaßt werden. § 259a SGB 6 i.d.F. des Artikel 1 Nr. 75 des Renten-Überleitungsgesetzes - RÜG - vom 25.07.1991 (BGBl. I S. 1606) ist am 01.01.1992 in Kraft getreten (Art. 42 Abs. 1 RÜG).
| G3 § 259a SGB 6 - i.d.F. vom 01.01.1992 (Rü-ErgG) bis 31.12.1995 (1) 1Für Versicherte, die vor dem 1. Januar 1937 geboren sind und die ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 18. Mai 1990 oder, falls sie verstorben sind, zuletzt vor dem 19. Mai 1990 1. im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatten oder 2. im Ausland hatten und unmittelbar vor Beginn des Auslandsaufenthalts ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatten, werden für Pflichtbeitragszeiten vor dem 19. Mai 1990 anstelle der nach den §§ 256a und 256b zu ermittelnden Werte Entgeltpunkte aufgrund der Anlagen 1 bis 16 zum Fremdrentengesetz ermittelt; für jeden Teilzeitraum wird der entsprechende Anteil zugrunde gelegt. 2Dabei zählen Kalendermonate, die zum Teil mit Anrechnungszeiten wegen Krankheit oder für Ausfalltage belegt sind, als Zeiten mit vollwertigen Beiträgen. (2) Absatz 1 gilt nicht für Zeiten, die von der Wirkung einer Beitragserstattung nach § 286d Abs. 2 nicht erfaßt werden. Durch Artikel 1 Nr. 16 des Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetzes - Rü-ErgG - vom 24.06.1993 (BGBl. I S. 1038) wurden rückwirkend ab 01.01.1992 (Art. 18 Abs. 4 Rü-ErgG) die Überschrift und Absatz 1 neu gefasst.
|
Die Veröffentlichung des Rü-ErgG ist unter dem Link
http://archiv.jura.uni-saarland.de/BGBl/TEIL1/1993/19931038.1.HTML
zu finden.
Wo ist die Änderung im Rü-ErgG zu finden, welche die Rentenversicherer anweist die Rentenkonten von 316.613 Personen zu löschen?
Die Diskussion ist eröffnet.
Dieser Artikel wurde bereits 14809 mal angesehen.
4 KommentareKommentar zu Wie kommen die DDR-Flüchtlinge in das RÜG?
Kommentar von _Hans-Burkhart Endter, IEDF am 23.04.2014; 17:25:16 Uhr
Herr Dr. Reimann macht es sich sehr einfach, wenn er nur auf den § 259a SGB VI hinweist.Es ist doch so: Ehemalige DDR-Flüchtlinge haben unterschiedslos bei ihrer Eingliederung in die Bundesrepublik Deutschland Entgeltpunkte nach FRG bekommen. Für ehemalige DDR-Flüchtlinge, die vor dem 1.Januar 1937 geboren wurden, werden die Entgeltpunkte nach FRG berechnet. Wo steht denn, dass das für nach dem 31.12.1936 Geborene nicht (mehr) gilt? Dafür müsste es eine Durchführungsverordnung geben!
Bei jeder Gerichtsverhandlung müsste danach gefragt werden! Aber diese Frage will keiner stellen und kann keiner beantworten. Auch das ist verfassungs- rechtlich zu beanstanden, ganz zu schweigen vom Verbot einer echten Rückwirkung.
Kommentar zu Wie kommen die DDR-Flüchtlinge in das RÜG?
Kommentar von _Hagen Hoyer am 28.04.2014; 09:31:50 Uhr
Der § 259a beschreibt eine Ausnahme, wenn vor 1937 geboren und Wohnsitz am 18.05.1990 im "Westen" gibt es Entgeltpunkte nach FRG, sonst werden die DDR-Rentenanwartschaften nach § 256a etc. umgewandelt.Wo steht geschrieben, dass bereits umgewandelte DDR-Erwerbszeiten nochmals umgewandelt werden müssen?
Wo wird eine Ausgliederung aus dem bundesdeutschen Rentensystem gefordert?
Wo steht geschrieben, dass die von den DDR-Behörden aberkannten DDR-Renteansprüche zurückgegeben werden müssen?
Die ehemaligen DDR-Flüchtlinge haben nichts mit dem RÜG usw. zu schaffen. Sie unterfallen wie alle anderen Bundesbürger nur dem § 256 Sozialgesetzbuch VI.
Kommentar zu Wie kommen die DDR-Flüchtlinge in das RÜG?
Kommentar von hansdi04 am 23.01.2017; 23:31:30 Uhr
Betrifft: Hans-Georg Roth - Hanns-Seidel-StiftungInterview mit dem IEDF-Vorsitzenden Dr.-Ing. J. Holdefleiß
Was sagt die CSU, konkret Herr Seehofer dazu?
Frage, wer war zu der damaligen Zeit parlamentarischer Staatssekretär im BMA?
Kommentar zu Wie kommen die DDR-Flüchtlinge in das RÜG?
Kommentar von LGebauer am 22.04.2014; 17:49:17 Uhr
Und wo ist das Dementi zu folgendem Aufsatz:Die Angestelltenversicherung Zeitschrift der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Amtliches Veröffentlichungsblatt DAngVers —Jahrgang 37 •Juli/August 1999 Die gesetzliche Rentenversicherung im Staatsvertrag Von Klaus Michaelis und Dr. Axel Reimann, Berlin
5.6 Rentenleistungen bei Aufenthaltswechsel
In diesem Artikel stützen sich die beiden späteren Direktoren der BfA (Michaelis) und der DRV (Dr. Reimann) auf Artikel 20 (7) des Staatsvertrags vom 18.05.1990. Wann haben sie diese Grundlage des Rechts warum verlassen? Warum wurde nicht einmal dementiert?