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IG ehem. DDR-Flüchtlinge gem. e.V.
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Aus Presse und Medien

 

2024/2 der stacheldraht

"Aus der Arbeit der (SED-)Opferbeauftragten" (Größe: 465 kB; Downloads bisher: 2688; Letzter Download am: 27.07.2024)

 

2023-08-17 Hünfelder Zeitung

"Langer Kampf noch nicht zu Ende" (Größe: 295 kB; Downloads bisher: 4541; Letzter Download am: 27.07.2024)

 

2021/2 der stacheldraht

"DDR-Altübersiedler und die Rentenüberleitung -- ein Dauerärgernis" (Größe: 1.74 MB; Downloads bisher: 13160; Letzter Download am: 27.07.2024)

 

2020/3 der stacheldraht

"Verstörende Auskunft" (Größe: 5.28 MB; Downloads bisher: 17774; Letzter Download am: 27.07.2024)

 

2019 Budapester Zeitung Nr. 32 (Größe: 8.2 MB; Downloads bisher: 17576; Letzter Download am: 27.07.2024)

Seite 13 Merkels Grenzöffnung, Seiten 32/33 'Sternfahrt aus Anlaß ...'

2019 Budapester Zeitung Nr. 31 (Größe: 8.97 MB; Downloads bisher: 17960; Letzter Download am: 27.07.2024)

ab Seite 19: Interview mit einer Familie, die 1989 über Ungarn geflohen ist

 

01. November 2018: Jüdische Allgemeine

"Verdiente Rente"

 

02. April 2018 Conservo: Rentenbetrug

Gefühllose, brutale Antwort aus Merkels Kanzleramt (Größe: 103 kB; Downloads bisher: 15842; Letzter Download am: 27.07.2024)

 

2017/7 der stacheldraht

Offener Leserbrief an die Bundeskanzlerin (Größe: 852 kB; Downloads bisher: 6288; Letzter Download am: 27.07.2024)

 

21. März 2017 MDR Umschau

"DDR-Flüchtlinge kämpfen für höhere Renten"

 

2017/01 der stacheldraht

"Asymmetrischer Kampf um Rente" (Größe: 2.56 MB; Downloads bisher: 15629; Letzter Download am: 27.07.2024)

 

18. Januar 2017

ARD Plusminus

Weniger Geld für ehemalige DDR-Flüchtlinge.mp4 (Größe: 56.68 MB; Downloads bisher: 20802; Letzter Download am: 27.07.2024)

 

Konservativer und liberaler Blog Conservo: Zynischer Rentenbetrug an deutschen Flüchtlingen

oder hier in JournalistenWatch.com 

 

 

Ältere Beiträge sind links unter dem Menüpunkt "Archiv Presse / Medien" abrufbar.

 

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Forum Gästebuch

Bundestagsdebatte am 26.01.2012

Am 26.01.20012 im Deutschen Bundestag

Ottmar Schreiner redet im Deutschen Bundestag: DDR-Altübersiedler und -Flüchtlinge vor Rentenminderungen schützen

Ottmar Schreiner (SPD):
Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Zunächst einmal möchte ich an die letzte Bemerkung des Kollegen Weiß anknüpfen. Herr Kollege Weiß, Sie sagen, Sie wollen bessere Lösungen. Für bessere Lösungen haben Sie inzwischen Jahr um Jahr Zeit gehabt. Geschehen ist nichts.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Interessenverbände der ehemaligen DDR-Flüchtlinge – hier sitzen Kolleginnen und Kollegen der Interessengemeinschaft ehemaliger DDR-Flüchtlinge – haben sich seit Jahren bei allen Parteien, die im Deutschen Bundestag vertreten sind, um Korrekturen bemüht. Sie empfinden das, was geschehen ist, als tiefes Unrecht und als Gegensatz zu rechtsstaatlichem Vorgehen. Ich will Ihnen den Sachverhalt aus einer etwas anderen Sicht vortragen, Herr Kollege Weiß und liebe Kolleginnen und Kollegen der Union und auch der FDP: Worum geht es? Es geht um ehemalige DDR-Bürger, die damals entweder über den Weg als politische Flüchtlinge bzw. als freigekaufte politische Häftlinge oder über ein oft zermürbendes Ausbürgerungsverfahren in den Westen, in die Bundesrepublik, gekommen sind. Um diese Menschen geht es.
Nun hat es bis 1989 einen sogenannten Wegweiser der Bundesregierung für ebendiesen Personenkreis gegeben. Das sind die Übersiedler aus der ehemaligen DDR, Flüchtlinge, freigekaufte Häftlinge usw. In diesem „Wegweiser für Flüchtlinge und Übersiedler aus der DDR“ von 1989, 10. Auflage, steht ein schönes Vorwort des Bundesinnenministeriums. Herausgeber war der damalige Bundesinnenminister, nämlich Herr Dr. Schäuble. In diesem Dokument der Bundesregierung heißt es unter Punkt 17:
… Übersiedler aus der DDR … werden in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich so behandelt, als ob sie ihr gesamtes Arbeitsleben in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt hätten....
Das ist das zentrale Versprechen der Bundesrepublik Deutschland an die DDR-Flüchtlinge gewesen.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Von diesem zentralen Versprechen sind Sie abgerückt. Zu diesem zentralen Versprechen wollen Sie nicht wieder zurückkehren. Das ist der entscheidende Vorwurf. Herr Kollege Weiß, Sie haben recht, wenn Sie darauf hinweisen, dass die Führung des Bundesarbeitsministeriums, wer auch immer diese Führung innehatte, in dieser Frage keine wirklich offensive Rolle gespielt hat. Das will ich überhaupt nicht bestreiten. Aber lieber spät als gar nicht.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und demBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Betroffenen – es sind immer noch Hunderttausende – empfinden diesen Vorgang, dieses gebrochene Versprechen der bundesdeutschen Politik, als zutiefst deprimierend und zutiefst erniedrigend. Es ist aber immer noch Zeit, dies zu ändern. Es ist dann geändert worden, aber nicht über das Renten-Überleitungsgesetz von 1991, mit dem versucht wurde, die beiden Rentensysteme überwiegend auf der Grundlage des westdeutschen Systems zu vereinheitlichen. Die Rechtsgrundlage, Herr Kollege Weiß, ist im Jahre 1993 geändert worden, und zwar in Form einer sehr stark verklausulierten, kleinen Formulierung in einem angeschlossenen Gesetz. Die Interessenverbände haben Frau Babel angeschrieben – damals die sozialpolitische Sprecherin der FDP –, sie haben den Kollegen Cronenberg von der FDP – damals Vizepräsident des Deutschen Bundestages – angeschrieben. Aber niemand war sich der Tragweite der damaligen Regelungen, die in verklausulierter, versteckter Form irgendwo untergebracht worden sind, in Wirklichkeit bewusst.
Wenn man nach den Gründen fragt, lieber Kollege Weiß, wird es wirklich spannend. Sie haben als Berichterstatter des Ausschusses in der Bundestagsdrucksache 17/6390 – das ist das aktuelle Dokument – Folgendes formuliert:
Die Fraktion der CDU/CSU verwies darauf, – in den Beratungen – dass mit der deutschen Einheit – jetzt kommt es – alle Bürger der ehemaligen DDR Bundesbürger geworden seien. Daher sei es systematisch richtig, dass sie alle nach dem Renten-Überleitungsgesetz behandelt würden.
Hier wird mit einem ganz faulen sprachlichen Trick ein Pseudoargument aufgebaut. Es handelt sich bei den ehemaligen DDR-Flüchtlingen nicht um Bürger der ehemaligen DDR, es handelt sich bei diesen Flüchtlingen um Menschen, die jahre- und teilweise jahrzehntelang Bürger der Bundesrepublik Deutschland waren und die unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes standen.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Eduard Oswald: Kollege Ottmar Schreiner, gestatten Sie eine Zwischenfrage unseres Kollegen Karl Schiewerling?

Karl Schiewerling (CDU/CSU): Herr Kollege Schreiner, Sie sind ja Jurist. Sie haben seinerzeit im Deutschen Bundestag der Änderung zugestimmt.

(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Darauf kommt es doch gar nicht an!)

Können Sie bestätigen, dass es in der Rentengeschichte der Bundesrepublik Deutschland immer wieder wichtige Eckpunkte gegeben hat und dass Feststellungsbescheide nicht identisch mit den zukünftigen Rentenbescheiden sind, weil in ihnen zunächst nur Feststellungen getroffen werden? Können Sie zudem zustimmen, dass es zum Beispiel im Jahre 2005 Rentenänderungen gegeben hat, obwohl Feststellungsbescheide und Feststellungen vorher anders gelautet haben? Das galt zum Beispiel für den Bereich der Anerkennung von Schul- und Hochschulzeiten. Es gab somit Änderungen im Rentenrecht auch für die Bürgerinnen und Bürger, die nicht aus der DDR geflohen sind und die schon immer hier gelebt haben. Obwohl der Feststellungsbescheid vorher etwas anderes ausgesagt hat, wurden hinterher noch einzelne Punkte geändert. Stimmen Sie mir zu, dass das im deutschen Rentenrecht nichts Ungewöhnliches ist und dass auch Menschen, die hier wohnen, von solchen Änderungen betroffen sind?

Ottmar Schreiner (SPD): Lieber Kollege Schiewerling, Sie versuchen jetzt, das Problem mit juristischen Spitzfindigkeiten kleinzureden.

(Anton Schaaf [SPD]: So ist es!)

Es handelt sich aber um ein eminent politisches Problem und nicht um ein Problem, das man mit juristischen Spitzfindigkeiten lösen kann. Es geht um die Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland in Gestalt ihrer verantwortlichen Politiker Hunderttausende von Menschen betrogen hat. Es geht darum, ob sie ihr Wort gegenüber denjenigen gebrochen hat, die, wie der Kollege Weiß zu Recht ausgeführt hat, ein zum großen Teil schweres Schicksal zu ertragen hatten, die viel gewagt und viel auf sich genommen haben und die teilweise unter Gefahr für Leib und Leben ihr Land verlassen haben. Es geht darum, ob es angemessen ist, dieser Gruppe von Menschen gegenüber das Versprechen, das man gegeben hat, zu brechen. Es geht nicht um juristische Spitzfindigkeiten über irgendwelche kleinen Details, sondern es geht um diese Kernfrage.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich will es noch zuspitzen, Herr Kollege Schiewerling, weil aus meiner Sicht die Situation aus dem Blickwinkel der Betroffenen noch viel dramatischer ist. Bei dem Renten-Überleitungsgesetz haben wir seitens der SPD – das können Sie in den Dokumenten des Bundestages nachlesen – immer wieder Bestrebungen der Union zurückgewiesen, strafrechtliche Elemente in die Sozialgesetzgebung einzuführen. Dieser Versuch ist seitens der Union mehrfach unternommen worden – gelegentlich erfolgreich. Beispielsweise sind für die sogenannten systemnahen Berufsgruppen – ein typisches Beispiel ist die Mitarbeit bei der Staatssicherheit – die Renten gedeckelt worden mit dem überhaupt nicht nachvollziehbaren Argument, dass Menschen aus diesen sogenannten staatsnahen Systemen rentenmäßig bessergestellt werden als die meisten anderen.
Aus diesen Gründen ist gedeckelt worden. Wir haben Sie davor gewarnt. Wir haben gesagt, dass die deutsche Sozialgeschichte frei ist von solchen strafenden Elementen. Man muss strikt trennen zwischen der Sozialgesetzgebung auf der einen Seite und der Strafgesetzgebung auf der anderen Seite. In dieser langen Tradition hat es lediglich eine einzige Ausnahme gegeben, und zwar nach 1933. Die Renten der sogenannten staatsnahen Berufsgruppen sind fast alle auf dem Wege gerichtlicher Korrekturen geändert worden. Im Ergebnis hat das zu der Situation geführt, dass Renten, die aus Stasitätigkeiten bezogen werden, aufgrund der damaligen Gesetzgebung und der gerichtlichen Korrekturen zu erheblichen Teilen höher sind als die nach unten abgestuften Renten von DDR-Flüchtlingen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das heißt, die Renten der Täter sind höher als die Renten der Opfer. Das muss doch von den Opfern, die damals aus welchen Gründen auch immer herüberkamen – es war die Zeit des Kalten Krieges – und als die großen Freiheitshelden gefeiert worden sind, als eine tiefe Demütigung empfunden werden. Sie müssen das tiefe Gefühl haben, dass der deutsche Rechtsstaat sie vergessen hat, dass er sie im Stich lässt und seine Versprechen nicht einlöst. Darum geht es. Deshalb glaube ich, dass wir gut beraten wären, das zu ändern.
Herr Dr. Kolb, weil Sie hier anschließend sprechen, möchte ich darauf hinweisen: Es gibt eine Reihe von Dokumenten zur Position der FDP; ich kann hier Frau Dr. Babel, Herrn Cronenberg, die amtierende Justizministerin und viele andere mehr zitieren.

(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Sie haben meine Frage nicht beantwortet, Herr Kollege!)
Herr Kollege Schiewerling, ich glaube, es ist nicht zu spät; wir können das immer noch korrigieren. Es muss nicht Punkt für Punkt und Komma für Komma der Weg eingeschlagen werden, den wir Ihnen vorgeschlagen haben.
Bei all der Kritik, die ich vom Kollegen Weiß gehört habe, ging es eigentlich – Herr Kollege Weiß, nehmen Sie es mir nicht übel! – um Kinkerlitzchen. Es ist wirklich keine bewegende Frage, ob man einen Stichtag im November 1989 oder im Mai 1990 wählt. Man kann darüber seriös reden, wenn man die Korrekturen im Grunde will.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn Sie wirklich die Korrekturen wollen, dann kriegen wir das korrigiert. Sie müssen das nur wollen. Mein Eindruck ist eher, dass Sie Vorwände suchen, um das Thema möglichst aus dem Feuer zu holen. Es war schwierig genug – ich kann das hier einmal sagen –, überhaupt eine Plenardebatte zu dem Thema hinzubekommen. Sie hatten ein fundamentales Interesse daran, dass das Thema irgendwann in die Abendstunden verschoben wird, dass möglichst alles zu Protokoll gegeben wird und eben keine Debatte bei Tageslicht stattfindet. Das entspricht nicht der Bedeutung dieses Themas und den Erwartungen der Betroffenen. Herr Kollege Weiß, ich will noch eine Anmerkung machen. Sie haben in Ihrem Bericht einen zweiten Grund angegeben: Wenn wir hier eine Regelung träfen, könne dies ein Präzedenzfall sein; andere Gruppen könnten dann ihre Rentenansprüche korrigiert wissen wollen. –
Von einem Präzedenzfall kann überhaupt keine Rede sein, weil es sich um eine völlig andere Rechtsstruktur handelt. Es geht hier um Deutsche im Sinne des Grundgesetzes, denen ein Versprechen gemacht wurde. Bei allen anderen Gruppen ist das nicht so.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN)
Deshalb ist der Hinweis, dass da eventuell millionen- oder milliardenschwere Zusatzkosten entstehen, regelrecht an den Haaren herbeigezogen, lieber Kollege Weiß. Auch darüber kann man in Ruhe reden. Insofern meine ich: Wenn auf Ihrer Seite der politische Wille vorhanden wäre, hier wirklich zu einer vernünftigen Korrektur zu kommen, zugunsten von Menschen, die es wirklich verdient hätten, dann könnten Änderungen erfolgen; ich brauche nicht zu wiederholen, was ich gesagt habe. Aber es ist nichts anderes als Heuchelei, wenn Ihren Worten keine Taten folgen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb fordern wir Sie auf: Bekennen Sie sich dazu! Sagen Sie zu, dass wir das in absehbarer Zeit korrigieren!
Im Übrigen liegen dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages entsprechende Petitionen vor.

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Herr – –

Ottmar Schreiner (SPD):
Wir können das Thema also, wenn die Debatte heute Abend beendet ist, im Rahmen der Behandlung der Petitionsbegehren weiter verfolgen und es, wenn Sie denn wollen, möglichst zeitnah zu einem vernünftigen Abschluss bringen. – Herr Präsident, es haben sich mehrere Kollegen zu einer Zwischenfrage gemeldet; sie sind jetzt ganz munter geworden.

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Ja. Ich wollte zwischen Ihre Sätze kommen.

Ottmar Schreiner (SPD): Ach so! Ich versuche, das in der knappen Zeit möglichst angemessen auszuführen.

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das war aber schwierig, weil Sie beim Reden aufs Atemholen verzichtet haben. – Jetzt möchte Ihnen der Kollege Weiß eine Frage stellen.

Ottmar Schreiner (SPD): Herr Kollege Weiß, bitte.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Bitte.

Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU): Herr Kollege Schreiner, da Sie dem Parlament wesentlich länger angehören als ich, kennen Sie die Usancen des Parlaments. Die Behauptung, wir hätten diese Debatte in den Abend verschoben, fällt doch auf Sie selber zurück. Denn die Oppositionsfraktionen können selbstverständlich auch für die Kernzeiten, etwa für den Donnerstagmorgen, die von ihnen gewünschten Punkte anmelden. Die Frage ist: Warum hat die sozialdemokratische Fraktion dieses Thema nicht für einen früheren Tagesordnungspunkt angemeldet? Dann wäre das Thema ohne Widerspruch von uns zu einer früheren Uhrzeit diskutiert worden.
Zweitens. Sie haben im Gegensatz zu mir, der ich erst 1998 ins Parlament gewählt wurde, an der entsprechenden Gesetzgebung mitgewirkt und sagen jetzt, dass hier ein Versprechen gebrochen worden sei. Dann frage ich Sie, Herr Kollege Schreiner: Warum haben Sie, um es mit Ihren Worten zu sagen, ein Versprechen gebrochen?

Ottmar Schreiner (SPD): Das habe ich erklärt.

Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU): Sie haben an dieser Gesetzgebung mitgewirkt. Können Sie uns erklären, warum in den Zeiten, in denen Sozialdemokraten Sozialdemokraten das zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales geführt haben, keine Gesetzesinitiative seitens der Regierung mit dem Ziel einer Korrektur ergriffen wurde?

(Anton Schaaf [SPD]: Dazu hat er doch auch etwas gesagt! Was soll der Quatsch?) Das würde uns wirklich interessieren.

Ottmar Schreiner (SPD): Ich glaube, ich habe eben sehr ausdrücklich gesagt, dass bei diesen Fragen unabhängig von der jeweiligen politischen Führung des Ministeriums geblockt worden ist.
(Beifall bei der SPD)
Gleichzeitig habe ich aber gesagt: Es ist nicht zu spät. Die Betroffenen und ihre Verbände sind nach wie vor sehr rührig. Ich weiß, dass sie auch bei Ihnen häufig präsent sind, dass sie bei Ihrem Fraktionsvorsitzenden und Ihrem Arbeitsgruppensprecher präsent sind. Sie sind nach wie vor richtig dabei. Ich kann nachvollziehen, dass die Empörung aufgrund des dargestellten Sachverhalts riesengroß ist. Es geht ihnen in erster Linie wohl gar nicht um das Geld. Es geht ihnen um die Wiederherstellung von Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat. Das ist ihr Kernmotiv. Das können wir wieder heilen, das können wir reparieren, wenn wir denn wollen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich war damals übrigens bei der Verhandlungsgruppe zum Renten-Überleitungsgesetz dabei. Ich habe damals alle Höhen und Tiefen mit dem Kollegen Dreßler und der Kollegin Regine Hildebrandt miterlebt. Als Minderheit hatten wir häufig versucht, manches zu korrigieren. Das ist nur in sehr geringen Teilen gelungen; denn es hieß: Mehrheit ist Mehrheit. Zu der hier in Rede stehenden Frage gab es keine Plenardebatte; es gibt überhaupt keine Hinweise, in welcher Form diese Veränderung 1993 durch das Parlament gebracht worden ist. Ich habe eben darauf hingewiesen, dass die Interessenverbände unter anderem meine damalige Kollegin, Frau Dr. Gisela Babel – ich war Anfang der 90er-Jahre sozialpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion –, angeschrieben haben. Man konnte von ihr halten, was man wollte, aber sie war eine sehr standfeste, prinzipientreue Frau,

(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Das stimmt!)

allerdings leider Gottes bei der falschen Firma, nämlich bei der FDP. Aber es war eine Frau, auf die man sich verlassen konnte. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN –

Pascal Kober [FDP]: Da war sie auch richtig!)

Sie hat den Interessenverbänden in einem Schreiben an einen Bürger vom 18. April 2004 dargelegt: Es kommt also viel zusammen und ich kann gut verstehen, dass Sie auf Grund all dieser Vorkommnisse Zweifel an der Demokratie und am Rechtsstaat hegen. So Frau Dr. Babel. – Ich würde von den Kollegen der FDP heute solch ein Bekenntnis zur soliden Rechtsstaatlichkeit auch gerne hören. Sie schreibt auch: Das Renten-Überleitungsgesetz sollte Rechtseinheit … bringen. … Das Fremdrentengesetz beruhte auf dem politisch gewollten Grundsatz, dass den über den Eisernen Vorhang Geflohenen eine Alterssicherung gewährt werden sollte. Diese beiden Tatbestände hätten weiter nebeneinander bestehen bleiben können und müssen. Es hat nicht den geringsten Zwang gegeben, das zu vereinheitlichen. Was Sie in Ihrem Bericht geschrieben haben – ich habe es eben formuliert –, entspricht nicht im Geringsten dem Sachverhalt. Es geht nicht um Bürger der ehemaligen DDR, sondern es geht um Bürger, die jahrzehntelang in der Bundesrepublik Deutschland leben. Da kann man doch nicht einfach Äpfel mit Birnen vergleichen. Genau das machen Sie.

(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Kernzeit!)
– Was?
(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Die Kernzeit war gefragt!)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Herr Kollege Schreiner, der Kollege Vaatz würde Ihnen gern auch noch eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie sie zu? Das ist die letzte, die ich jetzt zulasse, weil Sie am Ende Ihrer Redezeit sind.

(Iris Gleicke [SPD]: Ich wollte gerade sagen! Sind Sie sich sicher, dass die Herren das heute noch verstehen? Macht nicht den Eindruck, und zwar egal, ob das Kernzeit ist oder Abenddebatte!)

Ottmar Schreiner (SPD): Ich hoffe, Sie machen jetzt keinen Volkshochschulkurs.

Arnold Vaatz (CDU/CSU): Herr Kollege Schreiner, ich habe eine Frage zum staatsrechtlichen Status, den Sie herausgearbeitet haben. Sie haben gesagt, dass die Flüchtlinge aus der DDR als Bürger der Bundesrepublik Deutschland einen anderen staatsrechtlichen Status gehabt hätten als die in der DDR verbliebenen Menschen, die 1990 im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung in die Bundesrepublik gekommen sind.

(Anton Schaaf [SPD]: Rentenrechtlich ja! Rentenrechtlich war das so!)

Sie sagen, die im Westen hätten unter der Fürsorge des Grundgesetzes gestanden. dass der Begriff „alle Deutsche“ sich in etwa fünf oder sechs Artikeln der ersten 20 Artikel des Grundgesetzes findet, dass die damaligen DDR-Bürger genauso in die Fürsorgepflicht des Grundgesetzes gestellt worden sind, allerdings mit dem Unterschied, dass das Grundgesetz gehindert war, für diese DDR-Bürger zu wirken, solange sie in der DDR davon abgeschottet waren?

(Iris Gleicke [SPD]: Warum haben wir ein Renten- Überleitungsgesetz 1992 gemacht? Das ist doch bescheuert hier! Meine Güte! Also echt! Wem der Herr ein Amt gegeben, dem gebe er auch Hirn! – Weiterer Zuruf von der SPD: Ich beiße gleich in die Tischkante! Das ist unsäglich!)

Ottmar Schreiner (SPD):
Herr Kollege Vaatz, ich will hier nicht den Eindruck entstehen lassen, als ob mit dieser Argumentation ehemalige DDR-Bürger diskriminiert werden würden. Das ist mitnichten der Fall. Der Unterschied ist ein ganz einfacher: In dem Augenblick, in dem die politischen Flüchtlinge den bundesdeutschen Boden betreten hatten, wurden sie eingegliedert; sie galten also ab sofort als Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland. Mit dieser neu erworbenen Staatsbürgerschaft

(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Sie wurde nicht erworben! Das ist Quatsch!)

wurde das eben zitierte Versprechen der deutschen Politik verbunden, Anwartschaften nach dem Fremdrentengesetz für Berechnungen zugrunde zu legen, das heißt, ihre Arbeitsbiografie in der DDR wird so gewertet, als ob sie in der Bundesrepublik Deutschland abgeleistet worden wäre. Über die Gründe für diese Regelung mag man sich streiten. Es ist jedenfalls die Regelung, auf die sich Hunderttausende von Betroffenen verlassen konnten und verlassen mussten. Das war bei der Einheit eine rechtlich völlig andere Situation. Der ehemaligen DDR-Bevölkerung ist überhaupt nichts versprochen worden, was Rentenanwartschaften anbelangt,

(Iris Gleicke [SPD]: So ist es!)

sondern es ging darum, ein Rentensystem aus dem Boden zu stampfen, das auch den Bürgerinnen und Bürgern der DDR gerecht werden konnte. Ich glaube, dass das nach monatelangen Gesprächen und Verhandlungen zwischen der Unionsfraktion, der FDP-Fraktion und der sozialdemokratischen Fraktion im Großen und Ganzen auch gelungen ist. Es ist eine Lösung gefunden worden, die in der Anfangsphase der deutschen Einheit befriedend wirken konnte. Aber die Rechtsgrundlagen waren völlig andere. Deshalb vergleicht der Kollege Weiß, der am Anfang seiner juristischen Bemühungen ist, hier leider Äpfel mit Birnen und kommt dann zu diesen Fehlorientierungen. Wenn Sie, Herr Kollege Vaatz, bereit wären, in der nächsten Zukunft den Gedanken des Kollegen Weiß und hoffentlich mehrerer anderer Ihrer Fraktion, hier alsbald wäre viel gewonnen. Deshalb im Vorhinein: Herzlichen Dank und viel Glück bei der Mitarbeit bei diesem außerordentlich schwierigen und sensiblen Thema!
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Von jeder am 29.11.2012; 19:24:32 Uhr [3675 Hits]

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